Tagebuch

Jubele Deutschland!

Oh jubele Deutschland! Es ist vollbracht!

Wir haben uns wieder heil gemacht.

Was mussten wir uns lange schämen

Und über unsere Alten grämen,

Die blind und wütig NAZIS waren.

Was für ein Pech mit den Vorfahren!

Recht rundum böse, und Krieg um Kriege,

Schafften sie nicht einmal die Siege.

 

Doch wie nun ihre Knochen ruh’n,

Können wir Vergangenheit Gewalt antun.

Nach Jahren der Bewältigung

Verblasst – Gottlob! – Erinnerung.

Wir sind nun Teil von jener Kraft,

Die stets das Gute will und schafft.

So tut der Nation Seel‘ genesen,

Weil ich kein Böswicht‘ wär‘ gewesen.

 

Bei jeder Demo gegen quere Denker,

Zeig‘ ich’s im Nachhinein dem Henker.

Bei jedem Posten von Petitionen,

Schweigen Stukas und Kanonen.

Bei jedem Steak, das ich nicht esse,

Kriegt Hermann Göring in die Fresse.

Bei jedem Canceln von Trans-Phoben,

Kann ich mich trefflich selber loben.

 

Welch‘ Freude ist es, zu empören,

Um zu den Guten zu gehören.

 

Die Krönung aber, das Elixier,

Verdanken wir nur, Putin, Dir!

Weil Du so böse und ohne

Jegliche provocazione

Der Ukrainer Auenland

Hast überfallen und überrannt,

Dürfen wir Deutschen, ohne Reue,

– Transatlantische Nibelungentreue –

Gen Russland hetzen und mit Waffen

Endlich wieder Frieden schaffen!

 

Oh, fast zu schön ist dieser Traum,

Die NATO braucht den Lebensraum.

Und wir sind Teil der himmlischen Heere.

Fällt zwar nicht auf dem Feld der Ehre

Der neue deutsche, grüne Landser,

Doch immerhin rollt unser Panzer,

Donnert germanische Kanone, Rauch und Schall.

Hurra! Es lebe Rheinmetall!

Ein Flucht-Nibelunge

Was bin ich nur für ein schlechter Germane!
Ein Flucht-Nibelunge.
Steh nicht stramm unter der Schrebergartenfahne,
Und gröle nie mit vollster Zunge.

Ich bin Ehren-Levantiner,
Einmal mindestens im Jahr.
Wenn ich stolz wie Alexander
An das mare nostrum fahr.

Alle Griechen können es riechen:
Dieser Kerl ist unser einer. Held!
Tu ich auch an Hilios siechen,
Und die Schwarte rötlich pellt.

Es zählt der innere Hellene,
Und von denen hab ich drei:
Der Tapfere, der Gute und der Schöne!
Ei, auch der Faule ist dabei.

Am Strand begrab’ ich den Teutonen.
‘S wird nur leise sich beschwert,
Dass in mir, ach, zwei Seelen wohnen,
Und nirgends nix nach Fahrplan fährt.

Sanft streichelt Aiolos, der Wind,
Mir übers weinfarbene Gesicht.
Ich bin Poseidons Findelkind,
Nur niemals ein Germane nicht.