Tagebuch
Kentucky Fried Hoxha
Enver Hoxhas recht ansehnliche mediterrane Villa wird gerade renoviert. Was raus- oder reinkommt? Keine Ahnung. Aber der Colonel hat alles fest im Blick. Mit seinem Geheimrezept von „11 herbs and spices“ wacht er darüber, dass kein Geist eines Generalsekretärs die Gartenlaube verlässt. Über allem thront die Bank.
Skanderbeg!
Skanderbeg!
The road to good intentions…
The road to good intentions is paved with hell.
Der Schuft
Es war um die Mittagszeit eines sehr heißen Junitages, als der Schuft, einer der fiesesten Bösewichter des Bahnhofsviertels, mit seinen mächtigen Quadratlatschen das Pflaster der Fußgängerzone peitschte. Er hatte am Morgen seine Wohnung – Parterre, 2 Zimmer, Küche, Bad – verlassen und befand sich nun auf Höhe Trinitatis-Kiosk. Drinnen befand sich ihr Anführer, ein finsterer rothaariger Kerl, der ließ den Würfelbecher kreischen.
„Da nimm es Alter, schütt‘ es auf die Zunge.“
Im Wilden Westen ein Deo auszuschlagen käme einer Beleidigung gleich.
„Danke, weißer Mann. Ich nicht stinken. Veilchenwasser.“
„Was, Du willst nicht? Dann soll es Dir ebenso ergehen wie der Rothaut, der ich…“
Aaaaaaaaaaaaaaaa. Klatsch. (Oder umgekehrt).
Math is like having sex…
Math is like having sex with a bicycle. You never forget how to do it, but the abrasions are painful.
Schwindelnde Etiketten
Wir leben in einer Etiketten-Gesellschaft. Es kommt nicht mehr darauf an, was drin ist; es kommt darauf an, was drauf steht.
Ob der Käse scheiße schmeckt, ist egal, denn auf der Packung steht Engadiner-Trüffel-Schmaus. Die beste Wahl!
Ob der Zug 50 Minuten Verspätung hat und wegen Waggon-Mangel bis unter die Decke mit Passagieren vollgestopft, ist egal, denn es gibt das 49-Euro-Ticket.
Ob wir anderen das Maul und die Meinung verbieten, ist egal, denn das ist Demokratie.
Ob wir Milliarden von Waffen schmieden und verkaufen, ist egal, denn dies geschieht für Freiheit und (der neueste Popanz) Sicherheit.
Ob die TV-Show strunzlangweilig ist, ist egal, denn eine Awareness-Agency hat alle Witze überprüft und für unbedenklich und unverfänglich befunden.
Gestern Nacht ist mir mein Großvater im Traum erschienen…
Gestern Nacht ist mir mein Großvater im Traum erschienen und küsste mir die Füße. „Ach, hätten wir doch damals den Mut gehabt, den Ihr Löwen habt, Euch der braunen Soße entgegenzustemmen. All die schweren Plakate durch die kalten Innenstädte zu schleppen und sich per Whats-App-Status gegenseitig zu befeuern! Dazu hatten wir nicht die Courage, die Haltung und den Intellekt.‟ Tränen ronnen ihm durch sein zerfurchtes Gesicht. Ich wollte ihn trösten mit den Worten, nun gäbe es ja mich, der für seine Verfehlungen a posteriori aufstehe und sie sühne, da war sein Schatten schon in der trostlosen Einöde des Jenseits verschwunden, wo die kalten Winde heulen und ewiges Zähneknirschen und Tinnitus die Seelen der Sünder der Säumnisse peinigen. Traurig war ich, aber auch nicht wenig dankbar, dass es mir gegeben war, so viel aufrechter und besser als die Ahnen zu handeln und denken.
Nicht wenig später klopfte ein weiterer Geist an die Pforten meines Bewusstseins. Es war mein Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur.. etc…Ur-Großvater Inguiomer. Auch er heulte und knirschte mit den, übrigens gar nicht so schlechten, Zähnen. „Ach, hätten wir doch damals die Kenne gehabt, uns nicht den römischen Invasoren chauvinistisch und fremdenfeindlich im Teutoburger Wald entgegenzustemmen. Dann wären wir schon viel weiter mit der Körperhygiene gewesen und Du hättest in Latein keine Fünf gehabt.‟ Ich verzieh ihm großmütig. Angesichts von Köln war möglicherweise eine vollkommene Romanisierung der germanischen Gaue gar nicht so wünschenswert gewesen. Inguiomer verschwand im Nebel der Geschichte. At peace mit mir selbst zog ich die kuschelige Bettdecke bis unter mein Kinn.
Als wenig später mein Wikinger-Ahn Ragnar der Vergewaltiger selbstmitleidig, heulend, zähneknirschend und halitos vor dem Fußende des Bettes kauerte, beschloss ich vor dem Schlafengehen nicht mehr so viel Döner zu essen.
Der Schatz in der Silberzwiebel
Es war um die Mittagszeit eines sehr heißen Junitages, als der Hot-Dog, einer der mächtigen Imbisse der Innenstadt, mit seinen knusprigen Röstzwiebeln die Knospen des Gaumens kitzelte. Er hatte am Morgen noch im Tiefkühler gelegen und befand sich nun zwischen Gurken und Remoulade im Brötchen. Der Verkäufer, eine finstere rothaarige Gestalt, hielt, die Innenfläche nach oben gekehrt, seine rechte Hand ausgestreckt und fordernd dem Speisenden hin. Im Wilden Westen eine Tube Senf auszuschlagen käme einer Beleidigung gleich.