Gestern Nacht ist mir mein Großvater im Traum erschienen und küsste mir die Füße. „Ach, hätten wir doch damals den Mut gehabt, den Ihr Löwen habt, Euch der braunen Soße entgegenzustemmen. All die schweren Plakate durch die kalten Innenstädte zu schleppen und sich per Whats-App-Status gegenseitig zu befeuern! Dazu hatten wir nicht die Courage, die Haltung und den Intellekt.‟ Tränen ronnen ihm durch sein zerfurchtes Gesicht. Ich wollte ihn trösten mit den Worten, nun gäbe es ja mich, der für seine Verfehlungen a posteriori aufstehe und sie sühne, da war sein Schatten schon in der trostlosen Einöde des Jenseits verschwunden, wo die kalten Winde heulen und ewiges Zähneknirschen und Tinnitus die Seelen der Sünder der Säumnisse peinigen. Traurig war ich, aber auch nicht wenig dankbar, dass es mir gegeben war, so viel aufrechter und besser als die Ahnen zu handeln und denken.
Nicht wenig später klopfte ein weiterer Geist an die Pforten meines Bewusstseins. Es war mein Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur.. etc…Ur-Großvater Inguiomer. Auch er heulte und knirschte mit den, übrigens gar nicht so schlechten, Zähnen. „Ach, hätten wir doch damals die Kenne gehabt, uns nicht den römischen Invasoren chauvinistisch und fremdenfeindlich im Teutoburger Wald entgegenzustemmen. Dann wären wir schon viel weiter mit der Körperhygiene gewesen und Du hättest in Latein keine Fünf gehabt.‟ Ich verzieh ihm großmütig. Angesichts von Köln war möglicherweise eine vollkommene Romanisierung der germanischen Gaue gar nicht so wünschenswert gewesen. Inguiomer verschwand im Nebel der Geschichte. At peace mit mir selbst zog ich die kuschelige Bettdecke bis unter mein Kinn.
Als wenig später mein Wikinger-Ahn Ragnar der Vergewaltiger selbstmitleidig, heulend, zähneknirschend und halitos vor dem Fußende des Bettes kauerte, beschloss ich vor dem Schlafengehen nicht mehr so viel Döner zu essen.